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Minka und der nette Paul
Familie F. rief an, weil sie den netten Paul, einen Kater, der eine Weile in einer Tierarztpraxis gelebt hatte, einfach mit nach Hause genommen hatten und sich jetzt Sorgen machten. Familie F. hatte sich sofort in diesen unglaublich charmanten Kater verliebt, der freundlich auf alle Menschen und Tiere in der Praxis zulief. Das Praxisteam gab ihn nur ungern her, aber ein richtiges Zuhause wollten sie Paul auch nicht vorenthalten.
Das Problem: Minka was not amused.
Familie F. hatte die Tierarztpraxis mit Minka zum Impfen aufgesucht, nicht zur Erweiterung des Haushaltes. Jetzt waren sie sich unsicher, ob der neue Hausgenosse für die ältere Kätzin überhaupt akzeptabel war. Die Befürchtungen waren berechtigt, denn viele Katzen mögen keine Gesellschaft, sind lieber Alleinherrscher in ihrem Revier. Außerdem gibt es auch Katzen, die sich einfach nicht leiden können.
Bei meinem Hausbesuch konnte ich Faszinierendes beobachten.
Der nette Paul hatte auch mich im Nu um den Finger gewickelt. Katzencharme ist einfach unwiderstehlich und Paul war umwerfend. Ohne aufdringlich zu sein nahm er Kontakt auf, ließ sich streicheln und ging wieder, als er merkte, dass ich mit Familie F. beschäftigt war. Minka war nicht zu sehen. Frau F. ließ Paul an der Haustür nach draußen und nach einer Weile kam Minka vorsichtig zu uns ins Wohnzimmer. Sie beobachtete uns, kam aber nicht näher.
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Paul
Minka saß im Wohnzimmer an der geschlossenen Terrassentür. Paul lief außen auf der Terrasse vorbei in Richtung Geländer ohne Minka zu beachten, setzte sich hin und sah in Richtung Garten. Dann drehte er den Kopf und sah Minka kurz an. Er drehte den Kopf schnell wieder nach links, dann sah er nach rechts und schließlich duckte er sich, machte sich klein. Minka blieb ruhig sitzen und beobachtete ihn. Paul kam dann mit abgewandtem Blick ganz langsam und schräg näher. Minka wurde etwas unruhig und Paul ging wieder zurück zum Geländer. Was Paul tat: Er zeigte beschwichtigendes Verhalten und das mit Erfolg. Minka konnte seine Annäherungsversuche durch die Scheibe relativ entspannt beobachten. Beschwichtigendes Verhalten zeigen sozial kompetente Hunde im Umgang miteinander. Katzenverhalten ist eigentlich nicht auf ein intensives Miteinander ausgerichtet, eine intensive Mimik zur Kommunikation gibt es nicht. Den direkten Blick bewusst als Bedrohung einsetzen oder deeskalierend die Augen oder den ganzen Kopf abwenden beherrschen sozial eingestellte Lebewesen, auch wir. Paul benutzte genau diese Taktik während meines Besuches. Er wollte mit der Kätzin Freundschaft schließen und nicht nur einfach auf Abstand im gleichen Revier leben, wie das viele Katzen tun.
Paul war damit erfolgreich. Auch die Kätzin erlag seinem Charme und nahm ihn schließlich als Mitbewohner an. Familie F. hatte keine Probleme mit den beiden Samtpfoten und Paul durfte bleiben.
Paul ist jedoch eine Ausnahme und nicht die Regel im Katzenleben. Neben einer artgenossenfreundlichen Genetik, also einem ererbten Wunsch nach Kontakten mit Artgenossen, muss auch die Jugendentwicklung mit anderen Katzen erfolgen, um sich an Mitkatzen zu erfreuen. Außerdem gibt es auch Katzencharaktere, die sich einfach nicht leiden können. Paul und Minka – das passte einfach.
Wenn Sie die Unsicherheit bei Minka nicht gesehen haben, was auch zugegebenermaßen von hinten schwierig ist, betrachten sie noch einmal die Ohren. Dort kann man die Veränderung gut sehen.
Verfasst von Dr. Heidi Bernauer-Münz, Tierärztin und Tierverhaltenstherapeutin.