ARTIKEL

Biofilm

In der modernen Tierhaltung wird häufig von Biofilmen als hygienischem Risiko gesprochen.
Doch was sind Biofilme und wie entstehen sie?
Was sind die Eigenschaften eines Biofilms?
Warum stellen Biofilme ein Risiko für die Tiere dar?

Im Folgenden werden wir versuchen, Ihnen einige Antworten auf diese Fragen zu geben.

Fragen zu Biofilmen? Unser Tierärzte-Team freut sich auf Ihre Anfrage
 phone 07525 205-176     alternate_email fachfrage@dechra.com


Was ist Biofilm?

Ein Biofilm ist ein schleimiger Belag, nicht unähnlich dem Zahnbelag. Er wird von Mikroorganismen – häufig von Bakterien – gebildet. Biofilme sind nährstoffreich und schützen enthaltene Keime vor externen Einflüssen, wie zum Beispiel einfachen Desinfektionsmitteln oder Antibiotika.

Im Inneren von Wasserleitungen begünstigen raue Oberflächen oder Strömungshindernisse die Anheftung von Bakterien. Nach Anheftung bilden Biofilm bildende Bakterien in den Leitungen Kolonien, die während des Koloniewachstums eine pilzähnliche Form annehmen. Kolonieteile lösen sich ab, werden mit dem Wasser abgeschwemmt und bilden anderswo neue Kolonien.


Auswirkungen von Biofilmen in Tränkwasserleitungen

Ein bedeutsames Problem der Biofilmbildung in Tränkwasserleitungen ist, dass Biofilme die Tränknippel verstopfen können. Nach der Ablösung von Teilen des Biofilms werden diese die Leitung heruntergespült und können die geringen Durchmesser der Nippel ganz oder teilweise blockieren. Die unmittelbaren Folgen sind eine verminderte Wasser- und Futteraufnahme der Tiere.

Die Verstopfungen bedeuten nicht nur Arbeitsaufwand durch das Beseitigen, sondern haben auch weitreichendere Folgen:

  • Sind die Tränknippel verstopft, während dem Tränkwasser Medikamente beigemischt werden, werden auch zu geringe Dosierungen aufgenommen (Unterdosierung).
  • Biofilme bilden ferner Erregerreservoire für krankmachende Keime (wie z.B. Salmonellen, die über Wochen in Biofilmen überleben können). Diese können wiederum durch Abschwemmungen ins Tier übertragen werden und gegebenenfalls Krankheiten auslösen.
  • Einige in Biofilmen lebende Bakterien produzieren Antibiotika abbauende Enzyme, in diesem Fall kann es bei Einmischen von Antibiotika zu einem Therapieversagen kommen, obwohl ein wirksames Medikament in der richtigen Dosierung eingemischt wurde.

Wie kann ich das Entstehen von Biofilm verhindern?

Je nach Wasserqualität, Tränkwassersystem und dem Tränkwasser zugefügter Zusätze begünstigen verschiedene Faktoren die Biofilmbildung.

Hohe Keimzahlen im Wasser bzw. in der Wasserquelle sollten möglichst vermieden werden. Auch wenn nicht direkt schädliche Mikroorganismen in hoher Zahl im Wasser enthalten sind, so ist doch die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass Biofilmbildner darunter sind.

Ebenso zu vermeiden sind erhöhte Mineralstoffgehalte, da bestimmte Mineralien (Calcium, Magnesium, Eisen, Mangan) sich in den Wasserleitungen ablagern und zu Rauigkeiten führen können.

Extrem weiches Wasser (Härtegrad unter 10 Grad DH) ist selten, jedoch auf Dauer reaktiv und kann manche Leitungsmaterialien ebenfalls angreifen und zu Rauigkeiten führen.

Mangelhaft geplante, falsch konstruierte Tränkwassersysteme begünstigen die Bildung von Biofilmen in erheblichem Ausmaß. Die Abbildung zeigt den Aufbau eines gut geplanten Tränkwassersystems mit einigen seiner wichtigsten Komponenten.

Zirkulär verlaufende Leitungen und tot endende Rohrleitungen sollten vermieden werden. Besonders zu achten ist auf einen an die Stallbesatzzahl angepassten Leitungsdurchmesser. Dadurch kann das Wasser mit einer entsprechenden Flussrate durchlaufen, ohne dass streckenweise eine Verlangsamung eintritt. Im gesamten Tränksystem sollten die Leitungen einen identischen Durchmesser haben, um Turbulenzen zu vermeiden.

Des Weiteren sollte zum Beispiel in Sammelbehältern oder ähnlichen Stellen, wo das Tränkwasser in Ruhe vorliegt, nicht großflächig mit der Stallluft in Kontakt kommen. Nicht nur können über Staub Verunreinigungen eingetragen werden, sondern auch der Gasaustausch verändert die chemischen Eigenschaften des Wassers. Wasserleitungen aus PVC sind zu bevorzugen, denn die Leitungen sollten auf der Innenseite eine möglichst glatte Oberfläche aufweisen und sind sauerstoffundurchlässig.

Eine zu hohe Wassertemperatur fördert bakterielles Wachstum. Zu hohe Temperaturen können auftreten, wenn die Leitungen zu nahe an Heizungsvorrichtungen verlaufen oder der Sonneneinstrahlung ausgesetzt sind.

Abbildung 3: Beispiel eines gut geplanten Tränkwassersystems

A. Wasseraufbereitungsanlage
B. Regelmäßige Beprobung des zugeleiteten Wassers
C. Eingebaute Druckregulatoren
D. Elektronische, regelmäßig kalibrierte Dosierpumpe
E. Durchflusszähler zur Kontrolle der täglichen Wasseraufnahme
F. Doppeltes System: eine Leitung wird nur für Tränkwasser benutzt, die andere ausschließlich für die Tränkwassermedikation
G. Farbkodierte Ventilgriffe in jedem Kompartiment ermöglichen ein einfaches Umstellen von reinem Tränkwasser auf eine Tränkwassermedikation und umgekehrt
H. Der Reservebehälter für Stammlösungen ist mit einem Deckel verschlossen und verfügt über genug Volumen für eine Trinkwassermedikation über einen Zeitraum von bis zu 24 Stunden
I. Spülarmaturen
J. Jeder Stallabschnitt verfügt über eigene Rohrleitungen mit möglichst wenig Biegung und Spülarmatur am Ende
K. Die Verbindungen zu den Tränknippeln sollten gerade sein. Es sollte eine ausreichende Zahl von für die Tiere leicht erreichbaren Tränknippeln vorhanden sein
 

Viele Betriebe nutzen das Tränksystem für die Verabreichung von Zusätzen (z.B. Vitamine, Elektrolyte, Probiotika, organische Säuren oder Medikamente), die potenziell Nährstoffe für Mikroorganismen liefern und damit die Entstehung von Biofilmen fördern.

Auch wenn die zugesetzten Wirkstoffe nicht direkt Nahrung für Mikroorganismen darstellen, so enthalten viele derartige Produkte die als Tränkwasserzusatz eingesetzt werden Milchzucker (Laktose), um die Löslichkeit des Produktes zu verbessern. Laktose als Zuckermolekül dient Bakterien und anderen Mikroorganismen als Energiequelle, fördert deren Vermehrung und in Folge auch die Entstehung eines Biofilms. Auch manche organische Säuren können von vielen Mikroorganismen als Energiequelle herangezogen werden.

Grundsätzlich sollte nach jedem Zusatzzyklus das Tränkwasser eine Reinigung der Tränkwasserleitungen mit einem Spezialreiniger durchgeführt werden.


Beseitigung von Biofilmen

Ist bereits ein ausgewachsener Biofilm in einem Tränkwassersystem gewachsen, so ist es sehr schwierig diesen komplett aus dem System zu entfernen. Häufig können auch die Biofilmbildung begünstigenden Faktoren nicht einfach abgestellt oder beeinflusst werden.

Am effektivsten sind Wasserstoffperoxid (H2O2) enthaltende Produkte. Die Produkte besitzen einen aufschäumenden Effekt und lösen die Biofilme von den Innenflächen des Tränkwassersystems. Um eine Verstopfung vieler Tränknippel zu vermeiden, sollte anfangs mit niedrigen Konzentrationen (0,005%) gearbeitet werden. Danach werden die Konzentrationen alle 48 Stunden schrittweise auf (0.025%) angehoben.

Bei Durchführung der Reinigung während eines Tierdurchganges darf maximal diese Konzentration zum Einsatz kommen, da es sonst zu Beeinträchtigungen des Wassergeschmacks kommt. Da auch höhere Konzentrationen nicht bakterizid wirken, muss mit einem Desinfektionsmittel (Natriumhypochlorit, NaClO) nachgespült werden. Bei korrekter Konzentration der NaClO-Lösung kann die Desinfektion des Tränkwassersystem ebenfalls während eines Tierdurchganges erfolgen.

Im leeren Stall können höhere Konzentrationen von H2O2  verwendet werden, Wasserstoffperoxid Lösungen mit einer Konzentration von > 2% haben eine desinfizierende Wirkung, sodass eine Desinfektionsspülung mit NaClO unter Umständen entfallen kann.

Für die regelmäßige Reinigung und Desinfektion des Systems empfiehlt sich die Erstellung eines Routineprotokolls (nach jeder Tränkwassermedikation oder Supplementierung über das Trinkwasser, zu festen Zeitpunkten). Für die Reinigung und Desinfektion sind verschiedene Produkte mit unterschiedlichen aktiven Inhaltsstoffen erhältlich. Die Hinweise des Herstellers in Hinblick auf eine optimierte Anwendung und die korrekte Dosierung sind in jedem Fall zu beachten. Kontaktieren Sie im Zweifelsfall unbedingt den Hersteller des verwendeten Desinfektionsmittels.


keyboard_arrow_up