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Oft ein hartnäckiges Problem: Entzündungen am Ohr

Der äußere Aufbau des Ohres

Das Außenohr (bestehend aus der Ohrmuschel und dem äußeren Gehörgang) ist der Teil des Ohres, welcher bei einer Otitis externa betroffen ist.

Der äußere Gehörgang ist vollständig mit Haut ausgekleidet und fällt daher in das Themengebiet der Dermatologie.

Das Trommelfell trennt den äußeren Gehörgang vom Mittel- und Innenohr.

Beim Hund gibt es beachtliche rassebedingte Unterschiede in Länge und Durchmesser des äußeren Gehörgangs, während dies bei der Katze unbedeutend ist. Die Unterschiede in Länge und Durchmesser des äußeren Gehörgangs haben einen entscheidenden Einfluss auf die Neigung zu Ohrerkrankungen.

Hunde und Katzen haben im Vergleich zum Menschen einen deutlich längeren Ohrkanal, der L-förmig verläuft. Den Ohrkanal kann man sich als eine Art Tunnel vorstellen, der mit Knorpel eingefasst ist. Die Innenseite ist mit Haut ausgekleidet, daher gehört das Ohr auch im weitesten Sinne zum Organ Haut. Am Ende des Ohrkanals befindet sich das Trommelfell. Hierbei handelt es sich um eine dünne Membran, welche das äußere Ohr vom Mittelohr trennt und für die Schallweiterleitung verantwortlich ist.


Der innere Aufbau des Ohres

Im Unterschied zur normalen Haut am Körper befinden sich auf der Haut im Ohr weniger Haare aber mehr Drüsen. Die Schweißdrüsen, welche wir auf der Körperoberfläche finden existieren im Ohr nicht. Dafür gibt es hier sogenannte Zeruminaldrüsen, welche für die Ohrschmalzproduktion zuständig sind.
Die Haut des Ohrkanals ist so aufgebaut, dass sie vom Trommelfell in Richtung Ohröffnung „wächst“. Dies ist wichtig für die Selbstreinigung des Ohres, da so eine kontinuierliche Abtragung und Ausscheidung von Schmutz und Schmalz stattfinden kann.

Otitis externa - Die Entzündung des äußeren Gehörgangs
Eine DER häufigsten Erkrankung in der Praxis:

  • 15-20 % (Hund)
  • 4-7 % (Katzen)

erkranken an einer Entzündung des äußeren Ohres. Es kann eine der herausforderndsten und frustrierendsten Erkrankungen für Besitzer und Praxisteam sein.
 


Multifaktorielles Geschehen

Meistens liegt der Erkrankung ein Mix aus vielerlei möglichen Ursachen zugrunde. Mögliche Ursachen für das Entstehen einer Entzündung des äußeren Gehörganges.

​Prädisponierende Faktoren begünstigen eine Otitis externa, verursachen aber alleine keine Infektion. Prädisponierende Faktoren erhöhen das individuelle Risiko einer Otitis externa:

Anatomie:
Hängeohren (z. B. Beagle), starke Behaarung des Gehörgangs (z. B. Pudel), sehr enger Gehörgang (z. B. SharPei)

Klimafaktoren:
Warmes und feuchtes Klima, häufiges Schwimmen/Baden (z. B. Labrador)

Behandlungen:
z. B. mit reizenden Substanzen, Haare zupfen (sollte in einem gesunden Ohr möglichst vermieden werden)

Verengung des Gehörgangs:
z. B. durch Tumoren, Polypen o. Ä.

Sie können eine Otitis externa direkt auslösen:

Einige Beispiele:

  • Parasiten (Ohrmilben, Räudemilben, Demodexmilben)
  • Exogene/endogene Fremdkörper: Grannen, verklumpter Ohrschmalz, Haare, Medikamentenreste, Sand, Dreck
  • Hypersensitivität: Arzneimittelüberempfindlichkeit (ziemlich häufig) Atopie, Futtermittel-, Kontaktallergie

Seltene Ursachen können sein:

  • Keratinisierungsstörungen wie z. B. Seborrhoe (Cockerspaniel prädisponiert)
  • hormonelle Erkrankungen wie z. B. Schilddrüsenunterfunktion, Hyperöstrogenismus
  • Autoimmunerkrankungen (Pemphigus foliaceus/vulgaris, Lupus erythematosus)

Sie lösen in einem schon veränderten Ohr oder gemeinsam mit prädisponierenden Faktoren eine Otitis externa aus. Häufig sind das bakterielle oder Pilzinfektionen.

Alle drei erstgenannten Faktoren (prädisponierende, primäre und sekundäre) können perpetuierende Faktoren entstehen lassen:

  • Fortschreitende pathologische Veränderungen: übermäßige Zellbildung (=Hyperplasie)
  • Verengung des Gehörgangs (Gehörgangsstenose)
  • Ohrschmalz wird weniger abtransportiert
  • Veränderungen am Trommelfell
  • Mittelohrentzündung

Für einen langfristigen Therapieerfolg sollten möglichst viele dieser Ursachen und Faktoren beseitigt werden.


Welche Symptome können bei einer Ohrinfektion auftreten?

  1. Kopfschütteln
  2. Kratzen
  3. Rötung
  4. Entzündete Ohrmuschel
  5. Unangenehmer Geruch
  6. Ausfluss
  7. Selten Kopfschiefhaltung
  8. Selten Schwerhörigkeit/Taubheit

Die ersten 4 Symptome sind typisch für eine Entzündung im äußeren Gehörgang. Es müssen aber nicht immer alle Symptome auftreten. Sollten darüber hinaus weitere Symptome wie z. B. Kopfschiefhaltung oder Schwerhörigkeit und Taubheit auftreten, dann kann es sein, dass auch das Mittelohr (also der Teil hinter dem Trommelfell) in Mittleidenschaft gezogen wurde.

Symptome einer Mittelohrentzündung:

  • Kopfschiefhaltung
  • Schmerzen beim Öffnen des Kiefers
  • Schmerzen beim Gähnen, Bellen, Kauen
  • Neurologische Ausfälle - Gleichgewichtsstörungen

Eine detaillierte Aufnahme der Vorgeschichte ist wichtig. So kann man schon viele Rückschlüsse auf mögliche Grundursachen ziehen.

Wichtige Fragen sind:

  • „In welchem Alter hat das Ohrproblem angefangen?“
  • „Tritt das Ohrproblem nur im Sommer auf oder über das ganze Jahr hinweg“

Die Antworten geben dem behandelnden Tierarzt wichtige Hinweise. Der Tierarzt wird vor der eigentlichen dermatologischen Untersuchung eine eingehende allgemeine Untersuchung durchführen, welche auch wichtig ist zur Ermittlung einer möglichen Grundursache.

Dann erst folgt die dermatologische Untersuchung: Bevor man sich auf die Untersuchung des Ohres konzentriert, sollte einmal die GANZE Haut angeschaut werden. Außerdem sollten immer beide Ohren untersucht werden, auch wenn nur ein Ohr ein offensichtliches Problem hat.
 


Die Behandlung einer Otitis

Vor der eigentlichen Behandlung sollte eine Ohrreinigung mit einem passenden Ohrreiniger vorgenommen werden.
Möglicherweise entscheidet der Tierarzt auch, dass vor der örtlichen Behandlung eine allgemeine Behandlung zur Reduktion der Schwellung im Ohr vorgenommen wird.

  • Sie reduziert den Verschmutzungsgrad und vermindert den Ausfluss.
  • Sie kann Krankheitskeime wie Bakterien oder Hefepilze reduzieren
  • Sie erhöht die Wirksamkeit nachfolgender Medikamente durch:
  • Verbesserung des Kontakts zur Haut
  • Synergismus mit Antibiotika

Das Ziel einer Therapie: Wiederherstellung des Selbstreinigungsmechanismus.
 

​Ein Ohrreiniger sollte nach Möglichkeit 15-20 Min. einwirken. Je nach Verschmutzung wird das Ohr ausgeputzt und ggf. wieder gespült, usw.
Der Ohrreiniger soll dabei körperwarm sein.

Den Gehörgang möglichst komplett auffüllen (bei schwierigen Tieren empfiehlt sich ein getränkter Wattebausch). Am besten findet die Reinigung ca. 15-30 Minuten vor der eigentlichen Behandlung statt.

Die Behandlung sollte lieber weniger oft, aber dafür richtig vorgenommen werden. Regelmäßige Nachkontrollen sind sehr wichtig. Nur der Tierarzt kann final feststellen, ob auch in den Tiefen des Ohres keine Infektion mehr vorliegt.

Ist die Infektion in der Tiefe noch nicht abgeheilt, dann ist das Risiko hoch, dass die Symptome schnell erneut auftreten. Bei immer wiederkehrenden Otitiden sollte unbedingt die Grundursache erforscht werden. Häufig ist die Primärursache eine Allergie. Dann ist für die weitere Diagnosestellung oft ein wenig Geduld erforderlich.

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